Mittwoch, 19. September 2012

Mieterrechte bei Mängeln

 
Wer Mieter einer Wohnung ist, muss Miete zahlen und kann im Gegenzug die Räume bewohnen. Nach dem Gesetz ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die Mietwohnung in einem gebrauchsfertigen Zustand zu überlassen und in einem vertragsgemäßen Zustand während der gesamten Mietdauer zu erhalten. Treten Mietmängel auf, die nicht vom Mieter selbst verursacht worden sind, ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, diese Mängel auch zu beseitigen.

Stellt der Mieter Mängel an seiner Wohnung fest, muss er dem Vermieter zunächst die Mängel anzeigen und ihn auffordern, diese binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Erst mit Anzeige des Mieters und Gelegenheit des Vermieters zur Mängelbeseitigung kann der Mieter von seinen weiteren Gewährleistungsrechten Gebrauch machen. Erst wenn der Mieter dem Vermieter Gelegenheit gegeben hat, die Mängel in Augenschein zu nehmen und zu beseitigen, kann er von seinen weiteren Mängelhaftungsansprüchen Gebrauch machen.

Beseitigt der Vermieter trotz Anzeige und Fristsetzung die Mängel nicht binnen einer angemessenen Frist, kann der Mieter selbst Abhilfe schaffen und die dafür erforderlichen Kosten als Aufwendungsersatz oder als Vorschuss zur Mängelbeseitigung dem Vermieter in Rechnung stellen und auch von der Miete einbehalten. Sind dem Mieter darüber hinaus durch den Eintritt der Mängel Schäden, z. B. an seiner Einrichtung entstanden, kann er auch Schadensersatz gegenüber dem Vermieter geltend machen.

Bei Bestehen von Mängeln steht dem Mieter zusätzlich ein Minderungsanspruch zu. Dieser Minderungsanspruch besteht ab dem Zeitpunkt, in dem die Mängel erstmals aufgetreten sind. Für die Zeit, in der der Mangel vorhanden ist, kann der Mieter nach dem Gesetz die monatliche Bruttomiete anteilig mindern. Je nach Zeit, Schwere, Erheblichkeit und Intensität ist die Bruttomonatsmiete mit einer Quote herabzusetzen. Der Mieter schuldet lediglich die geminderte Miete, solange die Mängel noch bestehen.

Bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter über das Vorhandensein und die Verantwortlichkeit von Mängeln geht der Mieter jedoch bei einem Minderungseinbehalt ein Risiko ein. Der Mieter trägt zunächst die Beweislast dafür, dass die Mängel überhaupt vorhanden waren. Im Übrigen besteht die Gefahr, bei zu viel einbehaltenen Minderungsbeträgen in Zahlungsrückstand zu geraten. Lässt der Mieter die zu Unrecht zu hoch geminderten Beträge auf einen Betrag auflaufen, der zwei Monatsmieten erreicht, hat der Vermieter dann das Recht, das Mietverhältnis zu kündigen.

 Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 11.07.2012 (VIII ZR 138/11) die Verschuldenshaftung für Mieter in einem solchen Fall klar gestellt. Der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter hatte Schimmel und Feuchtigkeit in seiner Wohnung angezeigt und den Vermieter um Abhilfe gebeten. Der Vermieter hatte dies abgelehnt, woraufhin der Mieter die Miete über mehrere Monate um 20 % minderte. Nach dem höhere Rückstände aufgelaufen waren, kündigte der Vermieter und verlangte gerichtlich die Räumung der Wohnung. Das zuständige Amtsgericht hat den Mieter zur Räumung verurteilt. Dieses Urteil hat der BGH letztinstanzlich in der Revision bestätigt. In der ersten Instanz hatte das Amtsgericht einen Sachverständigen beauftragt, der zwar Schimmel feststellte, aber die technische Verantwortung im Verhalten des Mieters erkannte, da er nicht ausreichend gelüftet hatte. Ebenso wie das Amtsgericht meinte der BGH, bei selbst verschuldeten Mängeln könne hierauf eine Minderung selbstverständlich nicht gestützt werden.

Auch den Irrtum über die Mangelursache sah der BGH nicht als Entschuldigungsgrund an. Bei einem Zahlungsrückstand kommt es darauf an, ob der Mieter ihn zu verschulden hat. Hierbei treffe den Mieter schon die Haftung für leichte Fahrlässigkeit. Ein so verschuldeter Zahlungsverzug führt zu unberechtigt hohen Minderungen und  berechtigte den Vermieter zur Kündigung des Mietvertrages.

Bei Zweifeln über Mängel und deren technischer Verursachung ist deshalb bei eigenmächtigen Minderungen höchste Vorsicht geboten. Hier muss sich der Mieter zunächst technisch, durch einen Sachverständigen, Gewissheit darüber verschaffen, dass nicht ein Nutzerverhalten Ursache der Mängel ist. Im vom BGH entschiedenen Fall hielt der Mieter mehrere Tiere und hatte Aquarien in der Wohnung aufgestellt und im Übrigen nicht ausreichend gelüftet. Letztinstanzlich meinte der BGH, der Mieter habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die Schimmelmängel bauseits oder vom Vermieter verursacht worden seien. Auch für leichte Fahrlässigkeit bei der technischen Beurteilung haftet der Mieter. Das Nachzahlen der rückständigen Miete hat den Mieter nicht gerettet. Bei Ausspruch einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges kann der Mieter binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage den Mietrückstand ausgleichen und so die Kündigung unwirksam werden lassen. Da die Zahlung im entschiedenen Fall außerhalb der Frist erfolgte, hatte das Räumungsurteil Bestand und der Mieter musste die Wohnung räumen.

Um sicher zu stellen, dass der Mieter wegen einer unsicheren Mangelursache nicht seine Wohnung verliert, kann dieser nach Mängel- und Minderungsanzeige die Miete unter Vorbehalt in voller Höhe weiterzahlen und später im Rahmen eines Gerichtsverfahrens die Minderungsbeträge zurückfordern. Selbst wenn der Mieter sich hierbei verschätzt und zu viel einfordert, geht er dennoch nicht das Risiko ein, wegen eines Zahlungsrückstandes die Wohnung zu verlieren. Neben einem ordentlichen Klageverfahren kommt auch die Abklärung der technischen Ursache in einem selbstständigen Beweisverfahren in Betracht. In diesem Verfahren wird ein neutraler Gerichtsgutachter bestellt, der die Mängel und der Ursache verbindlich für Mieter und Vermieter feststellt.


 

Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 46-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Rechtsanwalt Groll ist außerdem Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule, Fachhochschule Wilhelmhaven/Ol­denburg//Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).

 

 

 

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