Dienstag, 5. April 2011

Wohnungseigentum – Modernisierung und Sanierung

Der stolze Besitzer einer Eigentumswohnung kann in der Regel nur in seinen eigenen vier Wänden schalten und walten. Bei der Dekoration und den Schönheitsrenovierungen, dem Bodenbelag und der Ausstattung kann kein anderer Eigentümer mitentscheiden. Soweit bauliche Maßnahmen in und außerhalb der Wohnung jedoch das Gemeinschaftseigentum betreffen, sind grundsätzlich die anderen Miteigentümer einzubeziehen. Bei Sanierung und Modernisierung sind unterschiedliche Mehrheiten erforderlich.
Wer seinen Balkon umbauen oder einen Wintergarten anbauen möchte, muss die anderen Eigentümer fragen. Dies gilt auch dann, wenn die Kosten allein übernommen werden sollen. Die Entscheidungsbefugnisse für bauliche Maßnahmen sind dann sehr eingeschränkt, wenn das gemeinschaftliche Eigentum berührt wird.
Grundsätzlich muss daher jede Umbaumaßnahme von der Eigentümergemeinschaft beschlossen werden. Seit der Reform des Wohnungseigentumsrechts im Jahr 2007 sind die Eigentümer in ihren Entscheidungen jedoch flexibler geworden. Nicht jede Umbaumaßnahme bedarf mehr der Zustimmung aller anderen Eigentümer. Der Gesetzgeber hat der Gemeinschaft vielmehr die Möglichkeit gegeben, je nach baulicher Änderung und Betroffenheit der Einzelnen besser und angemessener entscheiden zu können.
Für normale Reparaturmaßnahmen bleibt es bei der bisherigen Regelung. Jede notwendige Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahme kann durch Beschluss mit einfacher Mehrheit in der Eigentümerversammlung geregelt werden. Morsche Fensterrahmen können ebenso durch einen solchen Mehrheitsbeschluss ersetzt wie eine notwendige Heizungsreparatur beauftragt werden.
Durch die Reform des Wohnungseigentumsrechts ist es jetzt auch möglich, bei Instandsetzungsbedarf gleichzeitig Modernisierungsmaßnahmen mehrheitlich mit zu beschließen. Sollen also zum Beispiel nicht nur marode Holzfenster ausgetauscht, sondern auch die vorhandenen Fenster mit einer energiesparenden Doppelverglasung ausgestattet werden, kann dies als sogenannte modernisierende Instandhaltung ebenfalls mehrheitlich beschlossen werden.
Für weitergehende Umbaumaßnahmen mussten bisher alle Eigentümer zustimmen. Für Luxussanierungen gilt dies auch heute noch. Liegt weder ein Instandsetzungs- noch ein Modernisierungsbedarf vor, können Umbaumaßnahmen, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, nur mit Zustimmung aller Eigentümer durchgeführt werden. Ein Mehrheitsbeschluss reicht hierzu nicht aus; jeder Eigentümer muss die Maßnahme billigen. Will die Mehrheit der Eigentümer einen Kinderspielplatz, einen Parkplatz bauen oder einem Eigentümer gestatten, sich einen Wintergarten an seine Wohnung anzubauen, reicht die Ablehnung eines einzelnen Eigentümers aus, um die bauliche Veränderung zu Fall zu bringen. Auch bei Kostenübernahme durch einen oder mehrere ist kein Eigentümer verpflichtet, einer solchen Umbaumaßnahme zu zustimmen.
Für Fälle, die zwischen der Luxussanierung und der modernisierenden Instandhaltung liegen, hat der Gesetzgeber eine Neuigkeit eingeführt. Mit der sogenannten doppelt qualifizierten Mehrheit der Eigentümer kann ausnahmsweise mehrheitlich über reine Modernisierungen beschlossen werden. Wenn auch keine Notwendigkeit einer Reparatur vorliegt, kann für Maßnahmen der reinen Modernisierung ein Mehrheitsbeschluss gefasst und die Baumaßnahme durchgeführt werden. Ein Beschluss kann aber nur mit einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Mitglieder der Gemeinschaft gefasst werden. Gleichzeitig müssen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile der Maßnahme zustimmen.
Diese Modernisierungen betreffen Maßnahmen zur Energieersparnis, Erhöhung des Gebrauchswertes und der Wohnverhältnisses und zur Anpassung an den heutigen Stand der Technik. Sollen also statt der noch funktionierenden doppelverglasten Fenster eine Dreifachverglasung eingebaut werden, können die Eigentümer dies mit der doppelt qualifizierten Mehrheit beschließen. Stimmen mehr als 75 % aller Eigentümer – nicht nur der auf einer Versammlung anwesenden - nach Köpfen und mehr als 50 % der Miteigentumsanteile der Modernisierung zu, steht der Umsetzung nichts mehr im Wege.

Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 44-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Rechtsanwalt Groll ist außerdem Landessyndikus des Bundes Deutscher Berufskraftfahrer Nord e.V. und Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule, Fachhochschule Wilhemshaven/Ol­denburg//Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de). .