Mittwoch, 19. September 2012

Verschärfte Haftung des Architekten


 
Längere Verjährung bei gravierendem Mangel oder Organisationsverschulden

Der Vertrag zwischen dem Bauherren und dem planenden Architekten ist ein Werkvertrag. Treten Mängel in der Planung auf, so haftet der Architekt für Schäden aufgrund seiner fehlerhaften Planung. Die Haftung ist begrenzt auf fünf Jahre nach Abnahme. Das ergibt sich aus den für sämtliche Werkverträge anzuwendenden Verjährungsregeln gem. § 634 a Abs. 1  BGB.

In Ausnahmefällen kommt jedoch eine Verlängerung der Verjährungsfrist zugunsten des Bauherrn und zu Lasten des Architekten in Betracht. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Urteil vom 20.07.2007 (22 U 145/05) ein weiteres Mal bestätigt.

Im entschiedenen Fall hatte es der beauftragte Architekt bei seiner Planung versäumt, für das in einem Gebiet mit hohen Grundwasserständen liegende Baugrundstück ein Bodengutachten einzuholen. Über fünf Jahre nach Abnahme kam es zu Wassereinbrüchen im Keller. Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass der Architekt keine ausreichende Abdichtung des Kellers gegen drückendes Wasser geplant habe und er deshalb für die dem Bauherrn dadurch entstandenen Schäden einstehen müsse.

Die Einrede des Architekten, er hafte lediglich für fünf Jahre half ihm nicht. Das OLG warf dem Architekten einen besonders groben Planungsfehler vor und zudem ein Organisationsverschulden.  Dies gelte auch für den Beklagten als Einzelarchitekt. Insbesondere warf das Gericht dem beklagten Planer vor, er habe sich als ortskundiger Architekt bewusst unwissend gehalten. Allein durch einen Blick in die Baugrube sei es nicht getan gewesen. Wenn trotz dieser Kenntnis eine ausreichende Abdichtungsplanung nicht vorgenommen werde, liege ein grobes Organisationsverschulden vor, so dass hieraus entstandene Schäden nicht innerhalb von fünf Jahren verjähren. Die zusätzliche Verjährung läuft drei Jahre ab Kenntnis des Schadens, mindestens fünf und maximal zehn Jahre. Da diese Zeit noch nicht abgelaufen sei, hafte der Architekt auch über fünf Jahre hinaus.
 
Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 46-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht mit weiteren Tätigkeitsschwerpunkten im Vertrags- und Arbeitsrecht. Der Autor ist außerdem Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Ol­denburg/Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).

 

 

 

Haftpflichtversicherung des Architekten – Keine Deckung bei Umplanungskosten



Wenn Architekten Fehler machen sollte deren Haftpflichtversicherung dem Planer Versicherungsschutz gewähren und den dem Auftraggeber entstandenen Schaden regulieren. Nach den allgemeinen Haftpflichtbedingungen tritt die Versicherung nur für Folgeschäden ein, nicht jedoch für so genannte Erfüllungsschäden. Kein Versicherungsschutz besteht deshalb für Ansprüche des Auftraggebers gegen den Architekten auf Erfüllung des Planungsauftrages. Es sind nur Schäden versichert, die als Schlechtleistung auf Fehlern des Architekten beruhen und beim Auftraggeber eintreten. Ebenfalls nicht versichert sind solche Kosten, die als Ersatzleistung an die Stelle der Erfüllung treten. Wird deshalb mit einem Kostenaufwand nur die geschuldete Leistungserfüllung erreicht, ist die Haftpflichtversicherung nicht zur Regulierung verpflichtet.
 
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 19. November 2008 (IV ZR 277/05) deshalb einem Generalplaner Deckungsschutz für Umplanungskosten versagt. Der mit der Planung eines Gewerbebauvorhabens beauftragte Generalplaner legte fehlerhafte unbrauchbare Pläne vor. Die vom Bauherrn verauslagten Kosten der notwendigen Umplanung überstiegen die eigentlichen Planungskosten. Da der Generalplaner zur Zahlung dieser Kosten in einem anderen Verfahren rechtskräftig verurteilt wurde, verlangt er von seiner Haftpflichtversicherung Erstattung dieser Beträge aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag. Der BGH wies die Klage gegen die Haftpflichtversicherung insoweit ab, so dass der Planer auf diesen Kosten sitzen bleibt. Nach Ansicht des Gerichts sind notwendige Umplanungskosten nicht mitversichert, da sie letztlich an die Stelle der geschuldeten Vertragserfüllung treten. Die neuen Pläne, für die Kosten verauslagt wurden, treten an die Stelle der unbrauchbaren. Nur wenn durch die ursprüngliche Fehlplanung ein Folgeschaden entsteht, kann der Planer Versicherungsschutz verlangen.


Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 46-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht mit weiteren Tätigkeitsschwerpunkten im Vertrags- und Arbeitsrecht. Der Autor ist außerdem Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Ol­denburg/Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).

 

Mieterrechte bei Mängeln

 
Wer Mieter einer Wohnung ist, muss Miete zahlen und kann im Gegenzug die Räume bewohnen. Nach dem Gesetz ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die Mietwohnung in einem gebrauchsfertigen Zustand zu überlassen und in einem vertragsgemäßen Zustand während der gesamten Mietdauer zu erhalten. Treten Mietmängel auf, die nicht vom Mieter selbst verursacht worden sind, ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, diese Mängel auch zu beseitigen.

Stellt der Mieter Mängel an seiner Wohnung fest, muss er dem Vermieter zunächst die Mängel anzeigen und ihn auffordern, diese binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Erst mit Anzeige des Mieters und Gelegenheit des Vermieters zur Mängelbeseitigung kann der Mieter von seinen weiteren Gewährleistungsrechten Gebrauch machen. Erst wenn der Mieter dem Vermieter Gelegenheit gegeben hat, die Mängel in Augenschein zu nehmen und zu beseitigen, kann er von seinen weiteren Mängelhaftungsansprüchen Gebrauch machen.

Beseitigt der Vermieter trotz Anzeige und Fristsetzung die Mängel nicht binnen einer angemessenen Frist, kann der Mieter selbst Abhilfe schaffen und die dafür erforderlichen Kosten als Aufwendungsersatz oder als Vorschuss zur Mängelbeseitigung dem Vermieter in Rechnung stellen und auch von der Miete einbehalten. Sind dem Mieter darüber hinaus durch den Eintritt der Mängel Schäden, z. B. an seiner Einrichtung entstanden, kann er auch Schadensersatz gegenüber dem Vermieter geltend machen.

Bei Bestehen von Mängeln steht dem Mieter zusätzlich ein Minderungsanspruch zu. Dieser Minderungsanspruch besteht ab dem Zeitpunkt, in dem die Mängel erstmals aufgetreten sind. Für die Zeit, in der der Mangel vorhanden ist, kann der Mieter nach dem Gesetz die monatliche Bruttomiete anteilig mindern. Je nach Zeit, Schwere, Erheblichkeit und Intensität ist die Bruttomonatsmiete mit einer Quote herabzusetzen. Der Mieter schuldet lediglich die geminderte Miete, solange die Mängel noch bestehen.

Bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter über das Vorhandensein und die Verantwortlichkeit von Mängeln geht der Mieter jedoch bei einem Minderungseinbehalt ein Risiko ein. Der Mieter trägt zunächst die Beweislast dafür, dass die Mängel überhaupt vorhanden waren. Im Übrigen besteht die Gefahr, bei zu viel einbehaltenen Minderungsbeträgen in Zahlungsrückstand zu geraten. Lässt der Mieter die zu Unrecht zu hoch geminderten Beträge auf einen Betrag auflaufen, der zwei Monatsmieten erreicht, hat der Vermieter dann das Recht, das Mietverhältnis zu kündigen.

 Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 11.07.2012 (VIII ZR 138/11) die Verschuldenshaftung für Mieter in einem solchen Fall klar gestellt. Der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter hatte Schimmel und Feuchtigkeit in seiner Wohnung angezeigt und den Vermieter um Abhilfe gebeten. Der Vermieter hatte dies abgelehnt, woraufhin der Mieter die Miete über mehrere Monate um 20 % minderte. Nach dem höhere Rückstände aufgelaufen waren, kündigte der Vermieter und verlangte gerichtlich die Räumung der Wohnung. Das zuständige Amtsgericht hat den Mieter zur Räumung verurteilt. Dieses Urteil hat der BGH letztinstanzlich in der Revision bestätigt. In der ersten Instanz hatte das Amtsgericht einen Sachverständigen beauftragt, der zwar Schimmel feststellte, aber die technische Verantwortung im Verhalten des Mieters erkannte, da er nicht ausreichend gelüftet hatte. Ebenso wie das Amtsgericht meinte der BGH, bei selbst verschuldeten Mängeln könne hierauf eine Minderung selbstverständlich nicht gestützt werden.

Auch den Irrtum über die Mangelursache sah der BGH nicht als Entschuldigungsgrund an. Bei einem Zahlungsrückstand kommt es darauf an, ob der Mieter ihn zu verschulden hat. Hierbei treffe den Mieter schon die Haftung für leichte Fahrlässigkeit. Ein so verschuldeter Zahlungsverzug führt zu unberechtigt hohen Minderungen und  berechtigte den Vermieter zur Kündigung des Mietvertrages.

Bei Zweifeln über Mängel und deren technischer Verursachung ist deshalb bei eigenmächtigen Minderungen höchste Vorsicht geboten. Hier muss sich der Mieter zunächst technisch, durch einen Sachverständigen, Gewissheit darüber verschaffen, dass nicht ein Nutzerverhalten Ursache der Mängel ist. Im vom BGH entschiedenen Fall hielt der Mieter mehrere Tiere und hatte Aquarien in der Wohnung aufgestellt und im Übrigen nicht ausreichend gelüftet. Letztinstanzlich meinte der BGH, der Mieter habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die Schimmelmängel bauseits oder vom Vermieter verursacht worden seien. Auch für leichte Fahrlässigkeit bei der technischen Beurteilung haftet der Mieter. Das Nachzahlen der rückständigen Miete hat den Mieter nicht gerettet. Bei Ausspruch einer Kündigung wegen Zahlungsverzuges kann der Mieter binnen zwei Monaten nach Erhebung der Räumungsklage den Mietrückstand ausgleichen und so die Kündigung unwirksam werden lassen. Da die Zahlung im entschiedenen Fall außerhalb der Frist erfolgte, hatte das Räumungsurteil Bestand und der Mieter musste die Wohnung räumen.

Um sicher zu stellen, dass der Mieter wegen einer unsicheren Mangelursache nicht seine Wohnung verliert, kann dieser nach Mängel- und Minderungsanzeige die Miete unter Vorbehalt in voller Höhe weiterzahlen und später im Rahmen eines Gerichtsverfahrens die Minderungsbeträge zurückfordern. Selbst wenn der Mieter sich hierbei verschätzt und zu viel einfordert, geht er dennoch nicht das Risiko ein, wegen eines Zahlungsrückstandes die Wohnung zu verlieren. Neben einem ordentlichen Klageverfahren kommt auch die Abklärung der technischen Ursache in einem selbstständigen Beweisverfahren in Betracht. In diesem Verfahren wird ein neutraler Gerichtsgutachter bestellt, der die Mängel und der Ursache verbindlich für Mieter und Vermieter feststellt.


 

Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 46-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Rechtsanwalt Groll ist außerdem Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule, Fachhochschule Wilhelmhaven/Ol­denburg//Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).