Freitag, 21. Januar 2011

Vorleistungspflicht des Handwerkers - Geld nur bei Mängelfreiheit

Geld gegen Ware – so vollzieht sich üblicherweise der Leistungsaustausch beim Kauf. Diese gesetzlich vorgesehene Abwicklung Zug um Zug sieht beim Werkvertrag völlig anders aus. Hier sieht das Gesetz eine Vorleistungspflicht des Bauunternehmers oder Handwerkers vor. Hier gilt also: erst bei vollständiger Handwerksleistung gibt es die vereinbarte Vergütung.

Häufig meinen die vorleistungspflichtigen Handwerker mit nach ihrer Ansicht nach vollständiger Leistung werde auch automatisch der Werklohn fällig. Das gilt jedoch nur, wenn das Bauwerk oder die Handwerkerleistung auch mängelfrei und abgenommen ist.

Mit Abnahme der Leistung wird der Werklohn fällig, die Mängelhaftungsverjährung beginnt und nun ist der Bauherr/Auftraggeber für etwaige Mängel beweisbelastet. Was geschieht jedoch, wenn sich bereits in der Bauphase vor Abnahme Mängel zeigen und der Handwerker diese nicht beseitigt.

Mit einem solchen Fall hatte sich das Landgericht Oldenburg zu beschäftigen. Die Hauseigentümerin hatte einen Handwerker u.a. mit der Erstellung und dem Einbau einer Marmortreppe in ihrem selbst bewohnten Einfamilienhaus beauftragt. Während des Einbaus kamen der Bauherrin Bedenken hinsichtlich der Befestigung der Treppe. Diese Bedenken bestätigte ein von ihr eingeschalteter Gutachter; gleichwohl beseitigte der Handwerker die Mängel nicht. Im Gegenteil forderte dieser nunmehr trotz nicht erfolgter Abnahme den Werklohn und meinte, er werde gar nichts mehr machen, solange er kein Geld bekomme. Die Bauherrin klagte auf einen Vorschuss zur Beseitigung der Mängel und Zahlung der ihr außergerichtlich entstandenen Sachverständigenkosten.

Das Landgericht Oldenburg (Az.: 5 O 327/09) gab der Eigentümerin Recht. Auch ohne Abnahme kann der Auftraggeber seine Mängelhaftungsansprüche geltend machen. Deshalb schulde der Handwerker hier auch die Kosten, die für die Beseitigung der Mängel an der Treppe anfallen. Gleichzeitig wies das Landgericht darauf hin, dass der Unternehmer bzw. Handwerker vorleistungspflichtig sei und er deshalb die Durchführung der geforderten Mängelbeseitigung nicht von der Bezahlung seiner Rechnung abhängig machen könne. Auch die Kosten der Begutachtung bekam die Bauherrin ersetzt; das Gericht sah diese als notwendige Aufwendungen an, die zur Vorbereitung der Nacherfüllung und Mängelbeseitigung gehörten. Kosten für die Untersuchung eines Mangels und für die Erarbeitung einer Lösung gehören zu den notwendigen Aufwendungen der erforderlichen Mängelbeseitigung und sind deshalb zu ersetzen.

Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 44-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht mit weiteren Tätigkeitsschwerpunkten im Vertrags- und Arbeitsrecht. Rechtsanwalt Groll ist außerdem Lehrbeauftragter an der Jade Hochschule, Fachhochschule Wilhemshaven/Ol­denburg//Elsfleth, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).

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