Dienstag, 16. Dezember 2008

Bautenstandsbericht - Architektenhaftung

Plant ein Architekt falsch oder mangelhaft, haftet er seinem Auftraggeber. Erstellt der Planer laufende Bautenstandsberichte für den Bauherrn, müssen diese etwaige Mängel aufzeigen. Der Architekt bescheinigt im Übrigen mit diesen Berichten auch die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften nach der zugrunde liegenden Baugenehmigung. Unterlaufen dem Architekten hierbei Fehler, stellt er beispielsweise keine vorhandenen Mängel fest, obwohl solche vorhanden sind, kann der Auftraggeber einen ihm hierdurch entstehenden Schaden erfolgreich gegenüber dem Architekten geltend machen.

Kauft ein Erwerber eine noch zu bauenden Eigentumswohnung vom Bauträger, so haftet dieser ihm zunächst für Mängel. Ist für den Bauträger ein Architekt unter anderem damit beauftragt, aktuelle Bautenstandsberichte zu fertigen, so kann auch ohne eine direkte Vertragsbeziehung der Erwerber zum Planer gleichwohl eine Haftung in Betracht kommen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in zwei Urteilen vom 25.09.2008 (Az.: VII ZR 35/07 u. 37/07) über solche Fallkonstellationen zu entscheiden. Die Käufer von Eigentumswohnungen erwarben vom Bauträger, der wiederum einen Architekten eingeschaltet hatte. Direkte Vertragsbeziehungen des Planers zu den Erwerbern gab es nicht. Der Architekt erstellte je nach Baufortschritt Bautenstandsberichte für den Bauträger. Die Berichte waren allerdings auch Grundlage für die Finanzierung der Wohnungen durch die Käufer. Nach diesen Bautenstandsberichten zahlte die Bank Bauraten für die Erwerber an den Bauträger. Da die Berichte Mängel nicht aufführten und zudem die Bauausführung nicht der Baugenehmigung entsprach, nahmen die Erwerber nicht nur den Bauträger, sondern auch den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch. Wären die Bautenstandsberichte zutreffend gewesen, hätte die Bank die Raten nicht ausgezahlt. Im Ergebnis haften sowohl Bauträger als auch Architekt.

Obwohl zwischen den Erwerbern und dem Architekten kein Vertrag bestand, sprach der BGH den Käufern Schadenersatz zu. Soweit der Architekt gleichzeitig auch im Interesse der Erwerber tätig wird, sind diese in den Schutzbereich des allein zwischen dem Planer und dem Bauträger geschlossenen Architektenvertrag mit einbezogen. Die Berichte sollten die Käufer gerade davor schützen, bei Mängeln trotzdem die vollen Bauraten zu zahlen. Sofern die Mängelfreiheit durch den Architekten bescheinigt wird, haftet er auch den Wohnungseigentümern für die Richtigkeit.


Der Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Oliver Groll, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Arens & Groll aus Oldenburg. Der 42-jährige Rechtsanwalt ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht mit weiteren Tätigkeitsschwerpunkten im Vertrags- und Arbeitsrecht. Der Autor ist außerdem Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Ol­denburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, Fachbereich Ingenieurwissenschaften (www.ra-arens.de).

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